Grundlagen der Arzt-Patienten-Kommunikation
Prinzipiell können drei verschiedene Modelle in der
Arzt-Patienten-Beziehung definiert werden:
Paternalistisches
Modell: Hierbei ist der Arzt Kraft seiner Autorität in der Lage, ggf. über
die als unmündig erachteten Patienten hinweg, zum Besten des Patienten zu
entscheiden und zu handeln.
Dienstleistungsmodell:
In diesem Modell wird der Arzt als Experte (Dienstleister) angesehen, jedoch
fällt dem Patienten die volle Entscheidungskompetenz zu (Kunde).
Partnerschaftliches
Modell: Hierbei wird eine gleichberechtigte Kooperation zwischen Arzt und
Patient angestrebt. Innerhalb dieses Modells findet sich die Partizipative
Entscheidungsfindung (engl. Shared decision making) wieder, in der Entscheidungen von Arzt und Patient gleichberechtigt und gemeinsam getroffen werden, wenn beide Seiten dazu bereit sind.
In diesem Zusammenhang ist es notwendig, dass
Informationen (vollständig) mitgeteilt werden (bspw. gesundheitliche,
psychosoziale Lage seitens des Patienten, aber auch alle möglichen vorhanden
Optionen, seitens des Arztes). Problematisch in diesem Zusammenhang können
Asymmetrien sein (bspw. unterschiedliche Risikobewertung einer bestimmten Behandlungsoption).
Strukturieren des Gesprächs
- Schaffen Sie Transparenz, d.h. sagen Sie Ihrem
Gegenüber vorher, worüber Sie mit ihm sprechen möchten, welche(s) Ziel(e) das
Gespräch hat, wie lange Sie Zeit haben und ob es evtl. Störungen während des
Gesprächs geben könnte. Dadurch kann sich der (potenzielle) Patient besser auf die Situation
einstellen.
- Falls das Gespräch nicht konstruktiv ist oder
eine belastete Beziehungsebene deutlich wird, sind auch wertneutrale
Ich-Aussagen möglich, um Spannungen auf der Beziehungsebene zu lösen (Bsp.: Ich erlebe das Gespräch als sehr angespannt).
- Zur Strukturierung ist es auch möglich, den Patienten
zu unterbrechen, ihm in Aussicht zu stellen, zu einem anderen Zeitpunkt auf
bestimmte Details zurückzukommen und das Gespräch in eine andere Richtung zu
lenken.
Tipps für ein erfolgreiches und zeiteffektives
Arzt-Patienten-Gespräch
Rahmenbedingungen:
- wichtig gegenüber dem Patienten sind Empathie, Echtheit und Wertschätzung
- ruhige Atmosphäre
- Vermeidung von Störungen
- ausreden lassen
- Berücksichtigung der psychosozialen Situation des Patienten (ganzheitliche Betrachtungsweise)
- Der Begrüßung des Patienten ist besondere Aufmerksamkeit zu schenken, um eine angenehme Atmosphäre zu schaffen (bspw. durch einen kurzen Smalltalk: Sind Sie heute gut hierhergekommen?)
Im Arzt-Patienten-Gespräch
Vermittlung von Informationen:
- bereits bestehendes Vorwissen des Patienten erfragen
- zu vermittelnde Informationen mit dem vorhandenen Wissen verknüpfen
- Informationen in einer Sprache vermitteln, die der des Patienten möglichst nahekommt
- wichtige Informationen zuerst geben
- Informationen thematisch gliedern
- klare, einfache und kurze Informationen vermitteln, nicht mehrere Informationen gleichzeitig
- wichtigste Aussagen wiederholen, zusätzlich schriftliche Informationen vorweg oder mitgeben, evtl. auch während des Gesprächs auf einem Blatt notieren
- komplexe Informationen in Metaphern (sprachliche Bilder) kleiden, die an Alltagserfahrungen anknüpfen
- sich während des Gesprächs und am Ende vergewissern, was der Patient verstanden hat und wie er das Verstandene interpretiert
- zum Nachfragen ermutigen
Gesprächsführung:
- verschiedene Fragetechniken anwenden:
- offene Fragen, um Raum zum Erzählen zu lassen
- nachfragen, zur Verbesserung des Verständnisses
- abwägen, um Möglichkeiten zu priorisieren
- Pausen machen (~3 Sek.) zur Ermutigung, mehr zu erzählen, nachzudenken oder sich zu sortieren
- Echoing (Aufgreifen einzelner Worte, um zum Weiterreden zu ermutigen oder um das Gespräch zu strukturieren)
- paraphrasieren (Wiedergabe des Gesagten in eigenen Worten)
- Zusammenfassen der Inhalte
- Spiegeln von Emotionen
Häufig ist der direkte Lösungsweg (Bsp.: Erkrankung X –
Operation) nicht gangbar, da er durch Befürchtungen, Werthaltungen und
Lebenserfahrungen versperrt ist. Ein Umweg über die Gefühle und Bedeutung einer
Situation für den (potenziellen) Teilnehmer kann hier sehr hilfreich sein.
Zu Störungen in der Kommunikation kommt es häufig, wenn
unzureichende soziale Kompetenzen vorliegen, d.h. durch fehlende Erfahrung eine bestimmte Rollenerwartung nicht erfüllt werden kann (Bsp.: Patient fühlt sich nicht richtig verstanden, da der Arzt die Arbeitsbelastung des Berufs (bspw. Bauarbeiter) nicht nachvollziehen kann (natürlich auch umgekehrt möglich)).
- der Patient aufgrund von Unsicherheit und Nervosität auf sich fixiert ist und nur mit „halben“ Ohr dem Gespräch folgt.
- unterschiedliche Persönlichkeitsstile der Gesprächspartner vorliegen, die aufgrund von unterschiedlichen sozialen Einstellungen, Werten und Ansichten dazu führen, dass auf bestimmten Positionen beharrt wird.
Quelle:
SCHWEIKHARDT, A. & FRITZSCHE, K. 2009. Kursbuch ärztliche Kommunikation. Grundlagen und Fallbeispiele aus Klinik und Praxis, Cologne, Deutscher Ärzte-Verlag.